Womit 2018 zu rechnen ist: Verbraucher

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NRW hat die wichtigsten Änderungen im Überblick

Riester-Sparer und Hartz IV-Bezieher, Rentner sowie Trennungskinder: unterm Strich bringt das Jahr 2018 für fast alle mehr Geld. Und auch der Finanzminister will Steuerzahler schonen, denn die sogenannte kalte Progression wird abgeschwächt. Zudem werden Grundfreibetrag und Kinderfreibeträge erhöht. Ein Plus von zwei Euro winkt beim Kindergeld. Ferner soll das neue Tarifpartnermodell ab dem Jahreswechsel mehr Arbeitgeber und Arbeitnehmer zur betrieblichen Altersvorsorge motivieren. Wer ein neues Auto kaufen will, sollte das vor dem 1. September tun: Denn durch die neue Norm zur Abgasmessung fällt die Kfz-Steuer danach möglicherweise höher aus. Womit Verbraucher im Jahr 2018 sonst noch rechnen müssen, hat die Verbraucherzentrale NRW zusammengestellt: www.verbraucherzentrale.nrw/2018

Zu den Änderungen 2018 zählen weiter: das Aus für Tarifverträge unter Mindestlohn, höhere Zurechnungszeiten für künftige Bezieher einer Erwerbsminderungsrente und der Mutterschutz für Schülerinnen, Studentinnen und Praktikantinnen. Aber auch Menschen mit Behinderungen haben mit dem „Budget für Arbeit“ ab dem Jahreswechsel bessere Chancen auf Teilhabe.

Für Urlauber bringt der 1. Juli 2018 einen Koffer voller Änderungen. Erfreulich, dass im neuen Pauschalreiserecht mehr Verbraucherschutz beim Buchen von Reiseleistungen in Online-Portalen und Reisebüros aufgegeben wurde. Andererseits hat es auch Verschlechterungen im Gepäck: Erst wenn der Veranstalter den Reisepreis nach der Buchung um mindestens acht Prozent anhebt, kann der Urlauber künftig noch kostenlos vom Reisevertrag zurücktreten. Bislang lag diese Grenze bei fünf Prozent.

Bei Online-Abodiensten fällt der digitale Schlagbaum: Kostenpflichtige Streaming-Dienste für Filme, Sport oder Musik lassen sich ab 20. März 2018 auch im EU-Ausland nutzen. Fürs Streamen ohne EU-Grenzen dürfen die Anbieter keine zusätzlichen Gebühren erheben. Da mögen Mallorca-Urlauber vielleicht verschmerzen, dass sich auf der Insel die Touristensteuer ab der Hauptsaison verdoppelt.

Neuerungen ebenfalls im Finanzsektor: etwa Echtzeitüberweisungen in der Eurozone und das Aus für Aufschläge beim Bezahlen mit Kreditkarte. Klartext ist künftig angesagt, wenn Banken Kredite mitsamt Restschuldversicherungen andienen. Und bei Kapital-Lebensversicherungen werden umfassende Informationen festgeschrieben, damit Versicherungsnehmer deren Wert realistisch einschätzen können.

Auch beim Fiskus läuft es 2018 anders: Investmentfonds werden ab Januar 2018 direkt mit 15 Prozent Körperschaftssteuer belegt, um Inhaber von in- und ausländischen Fonds steuerlich gleichzustellen. Wer Blaumann oder PC als Arbeitsmittel kauft, kann künftig 800 statt bislang 410 Euro als geringwertige Güter bei der Steuer geltend machen.

Der neue Verbraucherbauvertrag legt für angehende Bauherren ab Januar ein solides rechtliches Fundament: detaillierte Baubeschreibungen, begrenzte Abschlagszahlungen und ein Widerrufsrecht sind dabei tragende Wände für mehr Verbraucherschutz.

Lüftungsanlagen müssen ab 1. Januar 2018 sparsamer und leiser werden. Und auch energiefressende elektrische Heizlüfter und -strahler trifft der Bannstrahl: Sie dürfen nur noch in den Handel, wenn sie Mindestanforderungen an Effizienz und Stickstoffausstoß erfüllen.

Kostensenkungen bei GAS werden nicht an die Haushaltskunden weitergereicht

Seit Mitte 2012 fallen die Gaspreise im Großhandel deutlich. Spätestens im Jahr 2014 hätte dieser Rückgang auch bei den Endkunden durch Preissenkungen der Gasversorger ankommen müssen - was seitdem aber nur im geringen Umfang geschehen ist.

Dr. Steffen Bukold vom Energieinformationsdienst "energycomment" aus Hamburg hat diese Situation in einer Auftragsstudie analysiert:
Die fehlende Anpassung der Haushaltstarife bescherte der Gaswirtschaft im Jahr 2015 zusätzliche Einnahmen in Höhe von 1,3 Milliarden Euro. Die privaten VerbraucherInnen werden wegen des Umsatzsteuereffekts mit über 1,5 Milliarden Euro zusätzlich belastet. Einen Musterhaushalt (20.000 kWh Verbrauch) kostete diese Margenverschiebung im Jahr 2015 zusätzlich 132 Euro.
In allen Bundesländern außer Berlin wurde die Gewinnmarge der Gaswirtschaft ausgeweitet. Die Spannbreite reicht von +0,86 ct/kWh in Baden-Württemberg bis -0,05 ct/kWh in Berlin. Die entgangene Kostensenkung reicht von 172 Euro in Baden-Württemberg und 157 Euro in Schleswig-Holstein bis zu lediglich 68 Euro in Sachsen und einem gegenläufigen "Bonus" von 10 Euro in Berlin.
Anfang 2015 verebbte die Welle von Preissenkungen schon kurz nach Jahresbeginn. Anfang 2016 sind etwas stärkere und breitere Tarifsenkungen zu erwarten. Etwa 22 Prozent der Anbieter wollen ihre Tarife um durchschnittlich 4,6 Prozent senken. Wenn diese Zahlen repräsentativ bleiben, wird also auch 2016 nur ein kleiner Teil der Kostensenkungen an die Haushaltskunden weitergereicht.

Zwar gibt es im Gasbereich hinreichend Wettbewerber, diese orientieren sich aber vielfach an den teuren Grundversorgern, so dass die Preise stabil bleiben. Wechseln sie ihren Gasversorger, wenn in den nächsten Monaten nicht eine größere Preissenkung ankündigt wird.

Die Verbraucherzentrale in Marl kann dabei eine gute Beratung bieten.

Verbraucher tauschen ihre neuen Haushaltsgeräte früher aus.

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Verbraucher und Verbraucherinnen nutzen neu erworbene Produkte heute kürzer als früher. Erste Zwischenergebnisse einer Studie des Umweltbundesamtes (UBA) belegen eine kürzere „Erst-Nutzungsdauer“, vor allem bei Fernsehgeräten, zum Teil auch bei großen Haushaltsgeräten wie Waschmaschinen, Wäschetrocknern und Kühlschränken.

Bei Notebooks veränderte sich die „Erst-Nutzungsdauer“ dagegen kaum. UBA-Präsidentin Maria Krautzberger: „Beim Gebrauch von Elektro- und Elektronikgeräten ergibt sich ein sehr differenziertes Bild. Dass neue Geräte kürzer verwendet werden, hat unterschiedlichste Ursachen. Inwieweit ein geplanter Verschleiß dafür verantwortlich ist, klären wir jetzt in der zweiten Hälfte der Studie.“ Strategien gegen Obsoleszenz müssten grundsätzlich ein breites Spektrum an Maßnahmen berücksichtigen, die sich sowohl an die Hersteller als auch an die Verbraucher richten. Rainer Grießhammer, Mitglied der Geschäftsführung vom Öko-Institut: „Heute werden mehr Elektro- und Elektronikgeräte ersetzt, obwohl sie noch gut funktionieren. Häufig sind Technologiesprünge wie bei Fernsehgeräten, ein Auslöser. Auf der anderen Seite stellen wir fest, dass der Anteil der Haushaltsgroßgeräte, die nicht mal fünf Jahre durchhalten und aufgrund eines Defekts ausgetauscht werden müssen, angestiegen ist“.
Wie lange werden Elektro- und Elektronikgeräte heute genutzt, wann weisen sie das erste Mal Defekte auf und warum werden sie ausgetauscht? Diese Fragen untersucht das Umweltbundesamt derzeit zusammen mit dem Öko-Institut und der Universität Bonn.

Seit einigen Jahren diskutiert die Öffentlichkeit, ob Hersteller die Lebensdauer von Produkten gezielt verkürzen. Ein solcher Verschleiß wird häufig als geplante Obsoleszenz bezeichnet. In der öffentlichen Diskussion mangelte es bislang an Daten. Deshalb hat das Umweltbundesamt eine Studie initiiert, um für ausgewählte Elektro- und Elektronikgeräte belastbare Belege zu ihrer Lebens- und Nutzungsdauer zu erheben. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben Daten von Haushaltsgroß- und -kleingeräten, von Geräten aus der Unterhaltungselektronik sowie von Informations- und Kommunikationstechnologien im Zeitraum 2004 bis 2012 analysiert.

Nach der ersten Halbzeit der Studie lassen sich noch keine Belege für gezielt eingebaute Schwachstellen in Produkten liefern. Eine systematische Analyse für die Ursachen der Geräteausfälle und -defekte erfolgt nun in einem zweiten Teil der Studie.

Flachbildfernseher

Die ersten Ergebnisse zeigen, dass Verbraucher und Verbraucherinnen heute schneller bereit sind, einwandfreie Flachbildfernseher gegen technische Neuheiten auszutauschen. So wurden im Jahr 2012 über 60 Prozent der noch funktionierenden Flachbildschirmfernseher durch ein noch besseres Gerät ersetzt. Ein Viertel tauschte sein Gerät wegen Defekten aus. Bei einem Neukauf war das ersetzte Gerät im Jahr 2012 im Durchschnitt nur 5,6 Jahre alt. Im Vergleich dazu lag die durchschnittliche „Erst-Nutzungsdauer“ von Röhrenfernsehern von 2005 bis 2012 zwischen zehn und rund zwölf Jahren.

Große Haushaltsgeräte

Auch bei Haushaltsgroßgeräten wie Waschmaschinen, Wäschetrocknern und Kühlschränken hat sich laut Studie die durchschnittliche „Erst-Nutzungsdauer“ im Untersuchungszeitraum um ein Jahr auf 13,0 Jahre verkürzt. Bei einem Drittel der Ersatzkäufe war das Gerät noch funktionstüchtig und der Wunsch nach einem besseren Gerät kaufentscheidend. Für rund zwei Drittel aller Ersatzkäufe waren technische Defekte ausschlaggebend (2004 zu 57,6 Prozent und 2012/2013 zu 55,6 Prozent). Der Anteil der Geräte, die aufgrund eines Defektes schon innerhalb von fünf Jahren ersetzt werden mussten, ist zwischen 2004 und 2012 von 3,5 Prozent auf 8,3 Prozent auffallend stark gestiegen.

Notebooks

Bei Notebooks ist die „Erst-Nutzungsdauer“ fast annähernd gleich geblieben und liegt im Durchschnitt bei fünf bis sechs Jahren. Die Gründe für einen Austausch haben sich bei Notebooks verändert: Wurden 2004 noch 70 Prozent der funktionsfähigen Geräte wegen einer technischen Neuheit und dem Wunsch nach einem besseren Gerät ausgetauscht, war dies 2012/2013 nur noch bei rund einem Viertel der Fälle so. Bei einem weiteren Viertel waren 2012 technische Defekte entscheidend für den Neukauf.

Nach Ablauf der Gesamtstudie Ende 2015 will das Umweltbundesamt Empfehlungen für Hersteller, Verbraucher und den Gesetzgeber ableiten. „Wir haben heute schon Möglichkeiten, die Mindestlebensdauer von Geräten abzusichern und die Informationen für Verbraucher zu verbessern, zum Beispiel unter der Ökodesign-Richtlinie oder in den Vorgaben für Produkte mit dem Umweltzeichen ‚Blauer Engel‘. Aufgabe der Studie ist nun zu prüfen, wie die Mindestlebensdauer ausgeweitet und am Ende auch überprüft werden kann“, schlussfolgert Maria Krautzberger.

Der Zwischenbericht basiert vorwiegend auf Ergebnissen von repräsentativen Verbraucherbefragungen der Gesellschaft für Konsumforschung zur sogenannten „Erst-Nutzungsdauer“. Dieser Begriff bezeichnet die Nutzungsdauer des ersten Nutzers vom Einkauf bis zum Neukauf eines Ersatzgerätes. Nicht erhoben wurde dabei eine mögliche Zweitnutzung, also die Weiternutzung noch funktionsfähiger Geräte im eigenen Haushalt oder in anderen Haushalten (könnte bei Fernsehgeräten der Fall sein) oder bei defekten Geräten die Wiederverwendung nach einer Reparatur.

Lebensmittelüberwachung: Mehr Schutz und Transparenz erforderlich

Dienstsitz des BVL in der Mauerstraße, Berlin
Dienstsitz des BVL in der Mauerstraße, Berlin (Foto: © BVL / Gloger)
 
Dienstsitz des BVL in der Mauerstraße, Berlin
Dienstsitz des BVL in der Mauerstraße, Berlin (Foto: © BVL / Heimberg)

Zur Vorstellung der Jahresstatistik Lebensmittelüberwachung durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) :
Die Mängelliste ist beunruhigend: Ekelfunde in Restaurants, falsche Kennzeichnung von Lebensmitteln, Überschreitungen der zulässigen Höchstwerte von Pestiziden. Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen mehr darüber erfahren. Sie müssen wissen, welche Lokale, Einkaufsläden und Höfe beanstandet werden und warum. Doch noch immer hat es die Bundes-regierung noch nicht geschafft, eine gesetzliche Grundlage für die Veröffentlichung der Kontrollergebnisse zu schaffen.

Es reicht eben nicht abstrakt zu wissen, dass jeder vierte Gastronomiebetrieb beanstandet wird, weil in drei von vier Fällen hygienische Mängel vorliegen. Die Verbraucherinnen und Verbraucher erfahren leider nicht, um welche Betriebe es sich handelt. So bleibt die Bundesregierung ihr Versprechen schuldig, für mehr Transparenz und Sicherheit zu sorgen.
Etwa 30 Millionen Kilogramm Pestizide werden als sogenannte Unkrautvernichter jährlich in Deutschland eingesetzt. Bei solchen Mengen sollte sich keiner über die Befunde der Lebensmittelüberwachung wundern. Die Pestizide wirken nicht nur auf Natur um Umwelt ein - über Rückstände in Lebensmitteln oder Gewässern landen diese Gifte auch auf unseren Tellern.

Weniger Pestizide bedeutet deshalb mehr Verbraucherschutz.

Daten zur Lebensmittelüberwachung 2014 des Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)

Im Jahr 2014 hat die amtliche Lebensmittelüberwachung der Länder rund 540.000 Betriebe kontrolliert. Bei 25 Prozent wurden Verstöße festgestellt. Dies entspricht dem Beanstandungsniveau der Vorjahre. Der Anteil von Beanstandungen bei Proben von Lebensmitteln, Lebensmittelkontaktmaterialien und Bedarfsgegenständen wie Kosmetika liegt ebenfalls auf dem Niveau der vergangenen Jahre. 12 Prozent der rund 382.000 Proben wurden beanstandet.

Mit 876.702 Kontrollbesuchen in 540.419 Betrieben wurden geringfügig mehr Kontrollen durchgeführt (+ 1 Prozent) als in den Vorjahren. Die Gesamtzahl der registrierten Betriebe, die der Lebensmittelüberwachung unterliegen, liegt bei 1,21 Millionen. Damit wurde fast die Hälfte aller Betriebe (44,7 Prozent) in Deutschland kontrolliert, die Lebensmittel herstellen, bearbeiten oder verkaufen. Bei den Dienstleistungsbetrieben im gastronomischen Bereich wurde sogar mehr als jeder zweite Betrieb kontrolliert.

Wie in den vergangenen Jahren stellten die Kontrolleure bei 25 Prozent aller untersuchten Betriebe Verstöße fest und leiteten entsprechende Maßnahmen ein. Die Beanstandungsquote bei Dienstleitungsbetrieben – Gastronomie und andere Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung – sowie kleinen Herstellern, die im Wesentlichen auf der Einzelhandelsstufe verkaufen, war mit 29 bzw. 30 Prozent am höchsten. Die weitaus größte Zahl der Beanstandungen betraf mit 52 Prozent – wie auch schon in den Vorjahren – die allgemeine Betriebshygiene, gefolgt von Mängeln im Hygienemanagement (25 Prozent) sowie bei der Kennzeichnung und Aufmachung (18 Prozent) der Lebensmittel.

Untersuchung von Proben

11,6 Prozent der 382.304 untersuchten Proben von Lebensmitteln, Lebensmittelkontaktmaterialien und Bedarfsgegenständen wurden 2014 von den Überwachungsämtern beanstandet. In den beiden Vorjahren waren es 11,3 Prozent (2013), bzw. 12,3 Prozent (2012). 97,5 Prozent der untersuchten Proben waren Lebensmittel einschließlich Zusatzstoffe. Der restliche Probenanteil entfiel auf Bedarfsgegenstände und Materialien mit Lebensmittelkontakt.

Die mit Abstand höchste Beanstandungsquote von 22,6 Prozent wiesen im Jahr 2014 „Lebensmittel für besondere Ernährungsformen“ auf, gefolgt von den drei Produktgruppen „Zuckerwaren“, „Fleisch, Wild, Geflügel und Erzeugnisse daraus“ sowie „alkoholische Getränke (außer Wein)“ (15 bis 16 Prozent). Diese Lebensmittelgruppen führten bereits in den Vorjahren die Liste an. Wie in der Vergangenheit gab es in den Produktgruppen „Schokolade, Kakao und kakaohaltige Erzeugnisse, Kaffee, Tee“, „Obst und Gemüse“ sowie „Zusatzstoffe“ weniger Beanstandungen (8 bis 9 Prozent).

Die Hälfte der beanstandeten Proben verstieß gegen Vorschriften der „Kennzeichnung und Aufmachung“. 19 Prozent der Proben wiesen mikrobiologische Verunreinigungen und 10 Prozent Mängel in der Zusammensetzung auf.

Verbraucher wollen weniger Verpackungen, dafür regionales Obst und Gemüse

Auslagen auf den Markt in Marl Brassert­
Auslagen auf den Markt in Marl Brassert

Deutschlands Verbraucher würden es begrüßen, wenn regionale Obst- und Gemüsesorten im Supermarkt angeboten werden – am besten ohne Plastikverpackung. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa. Befragt wurden mehr als eintausend Kunden, wie und wo sie ihr Obst und Gemüse kaufen und was sie sich vom Handel wünschen.

Besonders hoch im Kurs steht bei Verbrauchern Regionalität. Drei von vier Kunden äußerten Interesse an regionalen und speziellen Obst- und Gemüsesorten. Auch im Hinblick auf Verpackungen an der Obsttheke geben die Verbraucher ein klares Votum ab: 76 Prozent der Befragten bevorzugen Obst und Gemüse, das nicht abgepackt ist. Lediglich vier Prozent kaufen es lieber mit Verpackung. Um Plastikmüll zu vermeiden, sind sogar 85 Prozent der Kunden bereit, einen eigenen Beutel für Obst und Gemüse zum Einkauf mitzunehmen.

„Wenn es nach dem Wunsch der Verbraucher geht, scheint das Ende der Plastikverpackungen eingeläutet“, sagte NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Er appellierte an den Handel, einen möglichst verpackungsfreien Einkauf zu ermöglichen. „Bislang haben die Lebensmitteleinzelhändler die Verantwortung zu sehr auf die Konsumenten abgewälzt. Doch ihre Kunden machen nun unmissverständlich klar: Sie wollen weniger Plastik und statt dessen regionale Vielfalt. Die Händler müssen auf die gesellschaftlichen Trends reagieren und aktiv vorangehen“, forderte der NABU-Bundesgeschäftsführer.

Nach Ansicht des NABU gibt es derzeit noch zu wenige mutige Einzelhändler mit neuen Ideen. „Die Umfrage zeigt aber, dass hier unterschätzte Potenziale liegen. Wenn sich ein Einzelhändler nachhaltig und umweltbewusst positioniert, werden die Verbraucher es ihm danken“, so Katharina Istel, NABU-Expertin für Nachhaltigen Konsum.

Vor allem in der Entwicklung von neuen Verpackungsideen gäbe es noch ungenutzte Möglichkeiten, aber auch in der Präsentation von Produkten im Laden und in der Gestaltung von attraktiven Angeboten. Denn auch das machen die Verbraucher in der Umfrage klar: Mehr als 90 Prozent sind bereit, Lebensmittel zu kaufen, die bislang nicht im Handel landen. 49 Prozent würden Obst und Gemüse mit krummen Formen oder äußeren Mängeln kaufen, wenn es günstiger ist. 42 Prozent sogar zum gleichen Preis.

„Auch leere Regale vor dem Feierabend sollten künftig kein Tabu mehr sein“, so Istel. Denn knapp 80 Prozent der Verbraucher würden auf bestimmtes Obst und Gemüse oder Backwaren verzichten, wenn dadurch insgesamt weniger Produkte weggeworfen würden. „Hier bräuchte es in der Praxis aber kreative und kompetente Kommunikationsstrategien, damit die Kunden nicht einfach im nächsten Laden nach dem gleichen Produkt suchen“, so Istel.

Vermeidung von Plastiktüten in Marl

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Ein Antrag im Rat der Stadt Marl lautet. Die Verwaltung wird beauftragt, einen Aufruf an Händler und Verbraucher zu initiieren, dessen Ziel der freiwillige Verzicht der Ausgabe von Plastiktüten ist. Außerdem soll für die Nutzung von Mehrwegtaschen geworben werden. Einzelhändler werden aufgefordert,
einen „Vertrag“ mit der Stadt zu schließen, in dem sie auf den Einsatz von Plastiktüten verzichten.

Die Begründung lautet wie folgt:
Laut einer Veröffentlichung des Umweltbundesamtes mit Stand April 2013 ist die Anzahl der pro Person und Jahr verwendeten Plastiktüten in den EU-Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich und reicht von 18 Stück in Irland, über Deutschland mit 71 Stück bis zu 421 Stück in Bulgarien. Der EU-Durchschnitt liegt bei 198 Stück pro Person.
Obwohl Deutschland damit weit unter dem EU-Durchschnittsverbrauch liegt und nach Irland, Luxemburg und Österreich den viert-niedrigsten Pro-Kopf-Wert in Europa aufweist, hat es aufgrund seiner hohen Einwohnerzahl bei Betrachtung des absoluten Plastiktütenverbrauchs trotzdem den vierthöchsten Wert nach Italien, Großbritannien und Spanien.
Mit dem Begriff „Plastiktüten“ sind hier alle Einwegkunststofftüten gemeint, die im Einzelhandel als Serviceverpackungen kostenlos oder kostenpflichtig abgegeben werden. Ausgenommen sind Tüten oder Taschen, die als Produkte verkauft werden (z.B. Müllbeutel).
Bei der Herstellung einer Plastiktüte wird Erdöl, Wasser und Energie verbraucht und CO2 ausgestoßen. Nach bereits durchschnittlich 25 Minuten und einmaliger Nutzung wird sie entsorgt. Landet sie in Deutschland im Müll, wird sie recycelt oder verbrannt. In Deutschland unterliegen Plastiktüten der Verpackungs-ordnung. Die Hersteller tragen damit die Verantwortung für die Entsorgung der von Ihnen in Verkehr gebrachten Verpackungen und müssen sie bei einem Dualen System lizensieren lassen.
Grundsätzlich sollte die Entsorgung von Plastiktüten also über den gelben Sack / die gelbe Tonne erfolgen, damit ein Recycling gewährlistet ist. Oft werden Plastiktüten aber als Restmülltüten weiterverwendet und werden dann mit dem Hausmüll verbrannt. Wird eine Tüte nicht ordnungsgemäß entsorgt, landet sie über Abwässer, Mülldeponien, illegale Müllbeseitigung oder Tourismus in Landschaft und Meer, wo sie mehr als 500 Jahre benötigt, um zu verrotten. Besonders von Vermüllung betroffen ist das Meer.
Schätzungen zufolge kommen etwa 80 Prozent des Meeresmülls von der Landseite. Daten zu Abfällen an deutschen Ostseestränden deuten darauf hin, dass sich dabei kostenlose Tüten häufiger finden lassen als kostenpflichtige Tüten.
Die Europäische Kommission hat im Jahr 2013 ausgeführt:
„Im Interesse der Strategie für Abfallvermeidung und Ressourceneffizienz ist es wünschenswert, Maßnahmen zur Vermeidung der Verbreitung von kurzlebigen und zum einmaligen Gebrauch vorgesehenen Erzeugnissen (wie Kunststofftaschen) zu ergreifen.“
Einen ähnlich lautenden Beschluss hat die Stadt Recklinghausen im Ausschuss für Wirtschaftsförderung, Liegenschaften und Beteiligungen am 28. Januar 2015 gefasst.

TTIP bedroht Lebensmittelsicherheit. Intransparentes neues Gremium zielt auf Absenkung bestehender EU-Standards

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Anlässlich der Verhandlungsrunde über das geplante Freihandelsabkommen TTIP zwischen der Europäischen Union und den USA hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die beabsichtigte Senkung von Standards im Bereich der Lebensmittelsicherheit scharf kritisiert.

Nach dem Verhandlungsstand soll ein neues transatlantisches Gremium zu Fragen von Ernährung und Landwirtschaft die Möglichkeit erhalten, bei künftigen Gesetzesvorhaben frühzeitig zu intervenieren. Die in dem Gremium vertretenen Wirtschaftsunternehmen und Behörden hätten die Möglichkeit, alle bestehenden und geplanten Standards für Lebensmittelsicherheit und Tierschutz auf den Prüfstand zu stellen und so Gesetze zum Schutz von Verbrauchern, Tieren und Umwelt abzublocken, indem sie diese als Handelshemmnisse interpretieren.
„Damit würde eine massive Machtverlagerung in ein nicht demokratisch legitimiertes, völlig intransparentes Gremium stattfinden“, kritisierte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. „Das Gremium würde wie ein Filter für Gesetzesvorhaben wirken, höhere Standards blockieren und bestehende absenken. Damit würde es den Einfluss gewählter Volksvertreter zurückdrängen. Parlamente hätten keine Chance mehr, höhere Standards etwa bei der Gentechnik-Kennzeichnung oder für einen verminderten Hormoneinsatz in der Tierhaltung durchzusetzen.“ Zudem sei geplant, Lebensmittelkontrollen für Agrarexporte an den Außengrenzen drastisch zu reduzieren. Auch dies untergrabe die Lebensmittelsicherheit, da beispielsweise mehr unter Einsatz von Hormonen erzeugtes Fleisch, Produkte mit zu hohen Rückständen von Pflanzenschutzmitteln oder in der EU nicht zugelassene gentechnisch veränderte Organismen unentdeckt auf den europäischen Markt gelangen könnten.
„Ziel von TTIP ist es, so viel Handel wie möglich zu generieren nach der Devise: Je niedriger die Standards, desto florierender der Handel“, sagte Weiger. „Mit ihren Beteuerungen, keine Standards zu senken, streuen Bundesregierung und EU-Kommission Sand in die Augen der Verbraucher. Die aktuelle Verhandlungsrunde zeigt erneut, dass TTIP für weniger Verbraucherschutz und mehr Intransparenz und Demokratieabbau steht“, so der BUND-Vorsitzende.